Bewertung: 3 / 5
Malcolm Little (Denzel Washington) wuchs in Detroit auf. Während sein Vater, ein Priester, sich immer wieder mit dem rechtsradikalen Ku-Klux-Klan auseinandersetzen muss, spitzt sich die Situation immer weiter zu. Schließlich wird sein Vater ermordet und seine Mutter bald darauf in eine Nervenheilanstalt eingeliefert. Malcolm geht weiterhin zur Schule und muss bald feststellen, daß einige Jobs für Afroamerikaner unzugänglich sind. Er gerät auf die schiefe Bahn und wird schon bald verhaftet. In seiner Haft vollzieht er einen Wandel und lernt den Islam kennen. Außerdem legt er seinen Sklavennamen Little ab und nennt sich von nun an Malcolm X.
Schattengestalten, die uns des Nachts heimsuchen. Sie sind der Stoff allen Übels und eine Projektion der Realität. Wenngleich sie natürlich manchmal auch recht sinnlos daherkommen können. Für die Bedeutung des Seins, ist mitunter wichtig, welchem Lager man angehört. Frau, Mann, Schwarz, Weiß, jung, alt, behindert, nicht behindert, hetero und homo. Der Mensch ist ein Wesen, daß von Unterschiedlichkeiten und Widersprüchen im Inneren geplagt wird. Schwierig ist das nicht so oft, zumindest nach der Adoleszenz, hoffe ich mal. Schwierig ist das im Erwachsenenalter, wenn man sich mit anderen Menschen auseinandersetzen muss. Die aus unendlichen Gründen anders sind, als man selber. Kulturell, der Farbe wegen und so weiter und so fort. Natürlich soll das hier kein pseudo-philosophisches Essay über die Frage der Hautfarbe und Existenz werden. Allerdings ist es wichtig für einen Film wie Malcolm X eine differenzierte kulturelle Analyse vorzunehmen. Denn das hat sehr viel mit dem Sehgefühl zu tun, daß man beim Film empfindet. Man will es gar nicht so offen aussprechen, aber Spike Lee verhandelt in seiner sehr langen Biographie Malcolm X Fragen, die einem sehr fremd sind, wenn man eben nicht in dieser Haut und dieser Kultur und Zeit lebt. Vielleicht ist das mein ganz eigener Versuch, mich oberflächlich von dem zu distanzieren, was der Film mit mir anstellt. Denn das ist nicht allzu viel und es ist allzu lang dafür, daß es nicht allzu viel ist.
Malcolm X ist ein Film über eine Person, die man nicht unkritisch betrachten darf. Er ist im Prinzip ein radikaler, der gleichen mit gleichem bekämpfen wollte, um eine neue Ordnung zu schaffen. Das zumindest ist der unterkühlte, distanzierte Blick, den man ein wenig haben kann, wenn man das differenziert betrachtet. Als Experte über Malcolm Little geht man aber eben auch nicht hervor, wenn man sich mit dem Film befasst. Insofern ist die Frage, welche Relevanz das Werk überhaupt hat. Es ist eine Ansammlung von Klischees, mit der Spike Lee den Zuschauer hier konfrontiert. Die harte Jugend, die zwangsläufige Auseinandersetzung mit dem vermaledeiten Ku-Klux-Klan und dem Hass, der der Rasse gegenüber gebracht wird. Es ist natürlich schon so eine gewisse Opfer-Mentalität aus der der Film, zu beginnt schöpft. Und das Problem hierbei ist, daß das zu großen Teilen und mit nur ganz marginal, kaum nennenswerten Unterschieden auch einfach die Realität mal die Realität ist, die hier gezeigt wird. Schonungslos arbeitet sich Lee an der amerikanischen Geschichte der Sklaverei ab und fordert vom Zuschauer dafür Verständnis, daß auch Radikale ihr Recht haben, radikal zu sein. Denn ja, ohne war Malcolm Little sicherlich nicht und dann wiederum ist es natürlich schwer, sich überhaupt über den Film zu äußern. Es ist im Prinzip das gleiche Niveau eines 12 Years a Slave (2013). Denn auch dieser berichtet von Schuld und Leid eines Systems und vieler Menschen. Es ist aber nicht so, daß man das gezeigte nicht einfach nicht ertragen würde, sondern viel mehr das Problem, daß darin kaum ein künstlerischer Mehrwert liegt. Denn mal ganz salopp gefragt, was nutzt es mir, diesen Film zu sehen? Aufklärung? Nicht die Aufgabe von einem Film. Schuldgefühle? Hab ich nicht. Verständnis? Ist nur zu Teilen vorhanden.
Denn Malcolm X zeichnet das Leben einer Person ab, die einfach schwierig ist. In gewisser Weise möchte man Lee auch dafür loben, daß er nicht jedem Gefallen möchte. Doch auf der anderen Seite wirkt sein Werk dafür zu überfrachtet und selbstgefällig. Es ist eben eine Biographie wie jede andere auch. Klar hat sie Schauwerte und trifft vermutlich dieser Tage wieder mal mehr den Nerv des Geschehens und der absurden Realität, doch das ist kein filmisches und intellektuelles Vorankommen. Zumindest nicht, wenn man es so macht und keinerlei Bezug zur Gegenwart herstellt. Als reines Produkt allerdings ist das schon ansehnlich gemacht. Zugegebenermaßen muss man dann nämlich sagen, daß der Film einen nicht unendlich langweilt und Lee schon ob der Geschehnisse und der Funktionsweisen der Kirche innerhalb der Bewegung, Themen anspricht, die spannend sind. Das Hauptaugenmerk liegt aber wie üblich auf Denzel Washington, dessen Schauspiel auch eine ambivalente Lesart zulässt. Denn als reinen Propaganda-Film zum Vergnügen der dargestellten Person kann man Malcolm X auch nicht verstehen. Sein Umgang mit Frauen, Kindern und sein absolutes Vorgehen sind durchaus Kritikpunkte, die Lee hier einstreut und es liegt nun mal zu gewissen Teilen auch in der Tradition von Biographien, eine Art verherrlichte Verzerrung der Realität zu sein. Ist ja zum Beispiel bei einem Werk wie Die dunkelste Stunde (2017) nicht anders. Insofern kann man das dem Film nicht wirklich vorwerfen.
Es ist nur die Frage, wo der Wert dessen liegt, sich unzählige Minuten mit dem Leben von Malcolm X auseinanderzusetzen. Das ist auch auf der anderen Seite wieder so ein Kandidat für einen Film, den man eigentlich kaum schlecht reden kann. Selbiges würde sich auch zum Beispiel niemand bei Schindlers Liste (1993) trauen. Doch da liegt ein Problem, denn wie Harry Potter schon feststellte: „Es ist zu einfach.“ Das hier ist klares Oscar bait und dient letzten Endes auch nicht, um den Zuschauer wachzurütteln oder maßgeblich zu unterhalten. Es ist moderat gemachter Film und ein überaus gut gespielter noch dazu.
Große Kunst ist Malcolm X nicht. Viel eher ein Versuch eine politische Bewegung verständlich zu machen und einen unantastbaren Ruf zu erlangen. Es ist ein Film, der kein Vergnügen bereitet, aber auch nie unangenehm. Letzten Endes ist es überlange Unterhaltung einer komplizierten Gestalt, für die man mal mehr, mal weniger Verständnis aufbringen kann.
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