![It Follows It Follows](https://www.moviejones.de/bilder/filme/xlarge/42304_xl.jpg)
Bewertung: 3.5 / 5
Jay (Maika Monroe) hat Sex mit Hugh (Jake Weary). Doch hätte sie geahnt, daß sie diese Nacht verfolgen würde, hätte sie vermutlich nein gesagt. Als sie unter Chorformeinfluss auf einem Stuhl gefesselt wieder aufwacht, erklärt Jay ihr, daß er von einem Geist verfolgt würde, den er nur loswerden konnte, indem er mit einer anderen Person schlafe. Jay glaubt die Geschichte zunächst nicht, doch als den Geist tatsächlich selber sieht und dieser sich in unterschiedlichen Erscheinungen an sie heftet, ändert sich alles. Nun muss sie schnell mit einer anderen Person schlafen.
An manchen Ideen werden sich Geister scheiden. Zu verkopft und zu metaphorisch gedacht, gibt es Filme, die nie über ein Grundgerüst hinausgehen. Wie man diese bewertet und das ist ja dann die vielschichtig spannende Frage, bleibt dem Überlassen, wie man allgemein einfach aufgestellt ist. Da kommt so ein Film wie It Follows daher, der die Zeichen einer Kinokultur des Symbolismus angenommen hat und dabei vielleicht manchmal den Reiz dahinter vergessen lässt. Eine brennende Frage steht im Raum und ein Wesen, daß seine Opfer verfolgt ist hier der Kern. Nur hat dieses Wesen kein Gesicht und keinen Körper. Zunächst aber ist die Prämisse klar und man befindet sich hier in einem klassischen Slasher, ganz deutlich ist die Parallele hier zu Halloween – Die Nacht des Grauens (1978) erkennen. It Follows ist ein Film, der ohne Gedankengänge nicht auskommt und die die Frage aufwirft, was es überhaupt für nennenswerte kleine Teile gibt, die das Mosaik zu eben jenem zusammensetzten. Auslöser ist ein One-Night-Stand, nach welchem Hauptfigur Jay Height nun von einem Wesen verfolgt wird, daß solange hinter ihr her sein wird, bis sie wieder mit jemandem geschlafen hat. Nun kann man schnell darin etwas sehen und eine reelle Grundlage in den Film hineindeuten. Sexuelle Krankheiten, gerade AIDS bietet sich an, um den Film in irgendeiner Weise erklärlich zu machen. Doch damit würde das Konzept irgendwo auch nicht ganz stimmig.
Trailer zu It Follows
Denn der „Fluch“, sofern es sich hier eben um AIDS handelt, geht ja im realen Leben über einen weiteren sexuellen Akt hinaus, ergo ist die bedrohende Krankheit auch nicht einfach wegzuschlafen. Es kann sich hier eigentlich nicht um AIDS handeln und das Böse, ausgedrückt in Silhouetten und einem Wesen, daß nur von Jay gesehen werden kann, will ja etwas andere. Im Prinzip müsste man It Follows ganz anders deuten. Natürlich nimmt sich Regisseur David Robert Mitchell das amerikanische Vorstadtleben zur Brust. Junge Menschen, die noch keine allzu großen Erfahrungen gemacht haben und ein Wesen, daß sie verfolgt, wenn sie es nicht tun. Klingt erst mal nur wie eine Behauptung, unterdessen zeichnet Mitchell eine Vorstadtbeengtheit, Figuren, die keinem wirklichen Ziel nachstreben und auch eigentlich keine großen Pläne haben. Hier leidet der Film vielleicht darunter, daß nicht allzu gut herauszustellen, denn immerhin lernt man von Wünschen und Bedürfnissen nur zu wenig, um sie als Kontrast zu diesem Leben wahrzunehmen. Allerdings geht das schon irgendwo und It Follows zeichnet ja einen Konflikt, also das gewöhnliche Leben ohne Triebe und große Bedürfnisse, im Vergleich zu dem Treiben der jungen Menschen. Sie können dieser Misere entfliehen, indem sie miteinander schlafen und damit auch den gängigen Konventionen – Sex in der Ehe, Sex mit Geliebten und so weiter und so fort – entfliehen. Das heißt, daß man hier durchaus sehr freizügige Gedanken hat und die Gewöhnlichkeit als Feind ansieht. Daher hat das Wesen hier eigentlich auch kein einprägsames Gesicht, sondern ist gewöhnlich.
Und dann wären wir eigentlich beim systemischen angelangt. Die Gleichschaltung und die Gewalt, die einem entgegentritt, wenn man dem nicht Folge leisten will. Interessant ist hierbei auch die Symbolik des Wassers. Immer wieder treten Figuren ins Wasser, quasi als Taufe zu verstehen. Das Wasser hat hier eine Kraft und sorgt dafür, daß diese Menschen Neuland betreten und quasi wiedergeboren werden. Es ist aber keine christliche Analogie, abseits des Kerns. Denn Mitchell ironisiert das fast und entdeckt in dem Wasser, das neben einer christlichen Metapher auch als sexuelle gelesen werden kann, die Entdeckung des Körpers. Nun betrachtet man hier niemandem beim Onanieren und das ist auch nicht Nymphomaniac (2013). Allerdings kann das Böse dort – mithilfe von Elektrizität – besiegt werden. Nun ist das sicherlich kein Verweis auf Signs – Zeichen (2002). Aber auch hier fürchten überirdische Wesen das Wasser. Schön ist unterdessen, daß Mitchell auch abseits seiner inhaltlichen Stärken auf etwas Neues setzt. So hat man hier zwar durchaus eine recht homogene Gruppe an Menschen, aber sie repräsentieren nicht einfach die Ansammlung von Klischees, die man gewohnt ist. Weder Sportler noch Tussies, noch Außenseiter muss It Follows am laufenden Band zeigen und uns damit sagen, wie divers doch die Welt ist. Das wäre bei allem nötigen Respekt auch einfach nicht mehr zeitgemäß und man würde sich zusätzlich auch einfach mit zu viel Schund aufhalten. Nein, It Follows ist sehr konzentriert und verlangt das auch vom Zuschauer ab.
Natürlich könnte man It Follows auch unabhängig davon anders deuten. AIDS bot sich ja an, ist aber schwachsinnig. Darüber hinaus lässt der Film ja noch eine andere Lesart zu, die eine Orientierung im Kino erfordert. So geht es hier ja auch darum, daß die Figuren verfolgt werden. Nun ist das grundsätzlich ein Thema des Politthrillers der 1979er Jahre, der etwa mit Die drei Tage des Condor (1975) seinen Höhepunkt feierte. Die Frage, die aufkommt ist, ob die Verfolgung politisch motiviert ist, oder in dieser Gesellschaft einfach anerzogen. Letzteres ist wohl der Fall, denn für erstes gibt es nur marginal einen Anhaltspunkt. Es ist eher als der feindselige Blick des alten Nachbars zu verstehen, wenn junge Menschen eben einziehen. „Hoffentlich lassen sie meine Gartenzwerge in Ruhe und wehe die Kiffen“ wären dann so die Gedankengänge, die da wohl durchschossen. It Follows will weg vom Alten hin zur neuen Welt, in der neue Regeln gelten, doch letzten Endes, gibt es da nur einen marginalen Ausweg. Die Frage, die überbleibt ist, ob man dafür nicht eine gewagtere Neujustierung bräuchte.
Etwas anstrengend kann It Follows durchaus sein. Denn der Film ist ein wenig verschachtelt und kommt auch erst zum Ende zum Punkt. Gleichwohl ist das durchaus atmosphärisch und gut durchdacht und sorgt überdies, auch im oberflächlichen Sinne für Spannung. Man hat da einfach Freude, aber erklären kann man das nur wenig.
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