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Eiskalte Engel

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Eiskalte Engel Kritik

Eiskalte Engel Kritik

Eiskalte Engel Kritik
0 Kommentare - 22.06.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Eiskalte Engel" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Die wohlhabenden Stiefgeschwister Kathryn Merteuil (Saraha Michelle Gellar) und Sebastian Valmont (Ryan Phillippe) leben in einem Luxusanwesen in New York. Ihre Eltern sind abwesend und während Sebastian vor allem jeder jungen Frau den Hof macht, verkauft sich Kathryn als tadellose Schulsprechern an einem Elite-College. Doch hinter der Fassade steckt eine tiefe Verletzbarkeit, die die beiden dazu bringt, eine perfide Wette abzuschließen. So bietet Kathryn ihrem Stiefbruder an, er soll die liebevolle Musterschülerin Annette Hargrove (Reese Witherspoon) verführen und im Gegensatz dazu, dürfe er mit ihr selber schlafen. Sebastian hingegen setzt seinen 1956er Jaguar XK 120 und geht die Wette ein.

Langeweile in der Vollkommenheit. Es gibt da ein Phänomen in einer kapitalistischen Ordnung. Menschen mit unendlichem finanziellen, wie intellektuellem Potential. Sie wissen nicht, was sie damit anfangen sollen und entscheiden sich zumindest filmisch dann dafür, die Welt ins „Dunkel zu stürzen“. Natürlich ist das eine Aussage, sogar eine recht kraftvolle, die den Zustand des Neoliberalismus mitunter ganz gut beschriebt. Eiskalte Engel ist so ein Film, der von Reichen Schnöseln berichtet, die zu viel Zeit und keinerlei Wissen darum haben, wie man mit Zeit und Kapital umgeht. Daraus entsteht ja erst die Wette Kathryn Merreuil und ihrem Stiefbruder Sebastian Valmont. Sie wetten daß Valmont es schafft, beziehungsweise nicht schafft die vornehme und äußerst attraktive Annette Hargrove ins Bett zu kriegen. Und damit ist die Geschichte von Eiskalte Engel schon komplett zusammengefasst. Nun könnte man natürlich aus einer storytechnischen Perspektive heraus bemängeln, daß Roger Kumble hier einen unglaublich seichten Film inszeniert hat und den Zuschauer mit Fragen abseits der Realität konfrontiert. Nun, ganz richtig wäre das zwar nicht, denn das sind ja alles Metaphern. Aber der Film ist schon in einer Welt angesiedelt, die mit der Realität so gar nichts am Hut hat. Wenn Figuren irgendwie in eine Art System geraten, dann sind die gezeichneten Probleme immer auf einer persönlichen Ebene. Nie aber auf einer ökonomischen. So etwa auch der rassistische Fauxpas gegenüber Ronald Clifford.

Das beschreibt die Denkweise und sorgt natürlich für Antipartien gegenüber einer gewissen Klasse. Davon abgesehen ist der eigentliche Kern von Eiskalte Engel einer, der durchaus interessant ist. Die Geschichte handelt aus von Leuten, die Sex wollen und solchen, die eben an „die wahre Liebe“ glauben. Nun mag man glauben oder nicht, daß Ryan Phillippe der angesagteste Playboy der Stadt ist, aber auch hier findet sich in seiner Figur natürlich der Kern dessen wieder, was ich eben benannte. Seine Figur ist gelangweilt und sieht die Eroberung von Hargrove eben als sportlichen und treib gesteuerten Eifer an. Um Liebe geht es ihm nicht, was ein Problem darstellt, denn Annette Hargrove ist nicht dumm. Nun kommt es in diesem Film eben, wie es kommen muss. Sie hasst ihn zuerst, dann liebt sie ihn. Er wiederum will zuerst ihren Körper und dann will er sie. Die Moral ist also, trotz einer Welt voller Möglichkeiten und Langweile, daß Valmont resozialisiert werden muss. Und zwar nicht im Sinne eines juristischen Urteils, sondern im Sinne eines moralischen. Denn dadurch wird gezeigt, daß sexuelle Umtriebigkeit ja im Prinzip keine Erfüllung bieten kann und nur die wahre Liebe dies vollbringt. Interessant ist hierbei aber irgendwo das Finale. Denn Valmont stirbt und die heile Welt stürzt wieder ins Dunkel. Als die Außenwelt – also die Lehrer, Schüler und Familie – dann bei der Beerdigung Valmonts von der Wette zwischen seiner Schwester und ihm erfährt, dreht die gesamte Welt ihr den moralischen Rücken zu. Die gespielt trauernder Schwester wird verlassen und hatte ohnehin nie einen wirklichen Verlust erlitten, als Valmont starb. Apathisch halt.

Und darin besteht im Prinzip eine Komplexität in Eiskalte Engel. Denn die Resozialisierung von Sebastian Valmont gelingt zwar, aber unmittelbar danach muss er sterben. Nun lässt das grundsätzliche Szenario natürlich Deutungen zu, wobei das anhand der Geschichte deutlich enger wird. Denn er hat zum Schluss geliebt und muss dann gehen. Sein Leben und seine Aufgabe sind erfüllt und beendet. Gleichwohl ist es ein bitteres Ende, weil letztlich die Liebe ihn in den Tod geführt hat und dann ist wirklich die Frage, wie man den Film deuten soll. Ist er progressiv, weil es keine Rückkehr in das alte System gibt? Oder ist er konservativ, weil das neue Leben so erfüllend war? Ja, Eiskalte Engel ist im Prinzip die Versinnbildlichung der Pubertät. Voller Widersprüche und Bedürfnisse, Gefahren, die zum vorzeitigen Tod führen und eben Konflikten mit dem anderen Geschlecht, oder eben dem gleichen. Nun stammt der zugrundeliegende Roman von Choderlos de Laclos tatsächlich aus einer anderen Zeit, in der quasi nur aristokratische Strukturen in Dramen und Romanen verhandelt wurden. Das erklärt natürlich die Verhältnisse zum einen, zum anderen ist es aber wieder ein Spiegel der Pubertät und der Bedürfnisse, die sicherlich zu dieser Zeit noch schwelgerischer sind, als später oder davor. Denn man könnte auch wieder den Verweis auf das Pubertäre Gebilde darin sehen, daß man hier sehr, sehr wohlhabende, reiche Menschen zu sehen hat. Das ist eben einer dieser Träume, den junge Menschen eher fiktionalisieren, als Erwachsene. Wobei mein Konto natürlich auch voller sein könnte. Aber in seiner Ausführung und letztlichen Banalität ist das doch eher pubertär oder zumindest sehr naiv.

Was Eiskalte Engel vermutlich sehr stark vom gewöhnlichen Jugendfilm unterscheidet, ist letztlich die Ernsthaftigkeit, mit der besagte Geschichte vorgetragen wird. Eigentlich sind Sarah Michelle Gellar und Ryan Phillippe viel zu gut für diesen Film und auch Reese Witherspoon fängt mit ihrer durchaus schlechten Rolle viel an. Das ist stark, weil es nie diesen ironischen Bruch gibt und man sich denkt, wie blöd doch dieses gesamte Szenario ist. Das ist es irgendwo zwar, aber der Charme liegt hier wirklich im Spiel. Und das wird dann mitunter lasziv, ein wenig inzestuös und vollgepackt mit Kitsch zum Finale. Eine wahrlich seltsame Mischung und deshalb kann man auch so gut über die offenkundigen Schwächen hinwegsehen. Denn das ist kreativ und wird untermalt von irgendwelchen unsäglichen Popsongs. Doch damit brennt sich der Film irgendwo ein und man kann ihn auf einer ganz eigenartigen Ebene genießen. Kult halt.

Ich spare mir den Drahtseilakt und den Versuch irgendwas nicht vorhandenes im Film hochzujubeln. Der Film ist nicht dumm, wenngleich etwas naiv und auch bewusst eher auf Jugendliche fokussiert. Gleichwohl ist er eigenartig, und zwar im besten Sinne. Eiskalte Engel ist absurd und darin herrlich.

Eiskalte Engel Bewertung
Bewertung des Films
710

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