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Die durch die Hölle gehen

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Die durch die Hölle gehen Kritik

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Die durch die Hölle gehen Kritik
0 Kommentare - 09.06.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Die durch die Hölle gehen" ist.

Bewertung: 4 / 5

Die drei russisch-stämmigen Stahlarbeiter Michael (Robert De Niro), Steven (John Savage) und Nick (Christopher Walken) arbeiten in Pennsylvania. Bald darauf werden sie in den Vietnamkrieg involviert und erleben dort an allen Fronten menschenunwürdige Zustände. Nun müssen sie mit ansehen, wie nordvietnamesische Soldaten unschuldige Bauern, Frauen und Kinder töten und geraten dann noch in die Gefangenschaft des Vietcong. Von diesen Männern werden die drei in ein bestialisches Spiel involviert.

Filme, die eine lange Zeit in Anspruch nehmen, können mitunter das Sitzfleisch an den Knochen ausdörren. Zeit ist kostbar, wenn auch relativ und trotzdem hat man nicht ewig Zeit. Das klingt so absurd banal, wenn man das wirklich mal zum Kern einer Debatte macht. Heute werden Filme länger, denn je und das auch nur, weil die Aufmerksamkeitsspanne junger und kommender Generationen weiter sinkt. Daß Filme aber nicht unbedingt früher wesentlich mehr Inhalt behielten, wenn sie auch länger waren, weiß Michael Cimino wie kein zweiter. Einige seiner größten Werke sind unendlich, wie etwa Heaven’s Gate (1980) und dann gibt es wieder Filme, die einfach unendlich lang sind, wie Die durch die Hölle gehen. Seinerzeit dadurch in die Geschichtsbücher eingegangen, daß er sich an einem kontroversen Thema abarbeitet, wie es viele Filme dann auch wiederum taten. Apocalypse Now (1979) oder Platoon (1986) nur um einmal ein paar zu nennen. Nun läuft das gesamte Antikriegsdrama Die durch die Hölle gehen auf eine – was für ein Wunder – ganz eindeutige Botschaft hinaus. Krieg ist schlecht. Menschen verlieren ihre Menschlichkeit und Naivität hat in der Realität nichts zu suchen. Strukturiert ist Ciminos Werk daher auch recht gut, weil er fast wie ein Episodenfilm anmutete. Gleichwohl dürfte jedem klar sein, daß die Schwere der Thematik und die langsame Erzählstruktur eben auch leichter von der Hand gehen können. So etwa auch ein Full Metal Jacket (1987), der auf gleiche Schätze stößt.

Nun ist es auf der anderen Seite aber auch faszinierend, daß Cimino in Die durch die Hölle gehen ein minimalistisches Konzept verfolgt und daraus beinahe das Maximum schöpft. Kaum ein anderer Film ist so als Film und dennoch als Botschaft erkennbar, wie es dieser hier ist. Und das liegt daran, daß Cimino eigentlich ganz klare Akte einteilt. Zu Beginn sieht man junge Menschen. Freunde, einige werden zu Familien und das Glück des Lebens. Sie kommen aus einer Arbeiterschicht, Einwanderer, vom großen Feind der Staaten und sie leben die kurzen, jungen, wilden Jahre in einer einzigen Sequenz. Daß wofür es sich zu kämpfen lohnt oder womit der Kampf legitimiert und argumentiert wird, zeigt, Die durch die Hölle gehen in einer sehr ausführlichen Hochzeitssequenz. Sie erinnert in ihrer Gänze beinahe an Der Pate (1972), wenngleich das ob der Darsteller vielleicht auch einfach nur so ein Gefühl ist. Nun beobachtet der Zuschauer hier ganz viele zwischenmenschliche und relevante Interaktionen. Ein Verliebter, dessen Liebe nicht erwidert wird. Der Symbolismus vom Brautstrauß und Freunde, die über den Krieg romantisierte, Gespräche führen. Sie sind jung und der Film möchte zeigen, daß sie alle naiv sind und eigentlich noch das gesamte Leben vor sich haben sollte. Natürlich kann man das als ernüchterndes Storytelling bezeichnen, allerdings ist damit auch keine Abschweifung in irgendwelche Belanglosigkeiten möglich. Denn Cimino erzählt nichts, was der Zuschauer eben nicht auch bräuchte, um seinen Film nachzuvollziehen.

Dann geht es weiter, vom Regen in die Traufe, vom unendlichen, zum zufälligen Glück. Wie viele Antikriegsfilme ist das Mantra hier die Absurdität der Gewalt. Michael Vronsky und Nick Chevotarevich werden in eine bestialische, unübersichtliche Schlacht geworfen und anschließend von den Vietcong gefangen genommen. Folter erwartet sie und ein absurdes Spiel: russisches Roulette. Nun ist jene Sequenz in Die durch die Hölle gehen eben auch die, die am ehesten mit dem Film in Verbindung bringt. Unterdessen ist da viel Geschrei, viel Gewalt, die logischerweise in diesem durchaus wirren und unkoordinierten Krieg stattfindet und auch ihren Platz hat. Der Film zeigt dem Zuschauer, daß Krieg nie etwas mit Kontrolle zu tun haben kann und das man Krieg auch nicht lernen kann. Die Patrioten Vronsky und Chevotarvich werden dafür bestraft, daß sie naive und sehr offene Menschen waren. Offen für das Vaterland und offen für den Krieg. Es gab keinen Zwang und natürlich ist das irgendwo auch so eine Sache, über die man streiten kann. Denn wenn man mal genauer hinschaut, dann haben bei Wehrdienstentscheidungen heimisch ökonomische Fragen durchaus noch ein Wörtchen mitzureden. Doch das kann man dem Film hier nicht vorwerfen, weil die Freiwilligkeit irgendwo auch die Zufälligkeit und damit die Willkür des Krieges widerspiegelt. Und dann sind sie eben Gefangene der Vietcong. In einem perversen Spiel entscheiden die vietnamesischen Truppen nun, um das Schicksal von Vronsky und Chevotarvic. Russisches Roulette, die Überlebenschancen sind abhängig davon, ob die Kugel eben direkt im Lauf ist, oder nicht. Das ist eben der pure Symbolismus, der hier zu sehen ist. Es zeigt, daß Leben und Tod im Krieg Glückssache sind und nichts mit Können zu tun haben. Es zeigt auch, daß das Glück eben auch davon abhängt, wie viel Pech die anderen haben. Und es zeigt, daß Krieg irgendwo ein Spiel mit variablen und nachträglich anpassbaren Regeln ist. Es gibt hier keine Kontrolle. Abseits dessen handelt russisches Roulette natürlich auch vom Einsatz. Also einem Geldbetrag und dieser steht natürlich irgendwo für den Kapitalismus, weil man hier nach Geld hungert und dann erkennt, daß Geld gar nicht zufriedenstellen kann und man längst kaputt ist.

Der Schrecken des Kriegs ist vorbei, die Waffen beiseite gelegt und auf ihrem Weg zurück, sind sie nicht mehr die gleichen. Es passiert viel mit diesen Menschen. Einige verschwinden und andere, haben mit ihren Dämonen zu kämpfen. So etwa Vronsky, dessen Abschied aus der Welt, die er kannte, eine Jagd war. Gerne hat er das Tier erlegt und empfand es wohl als sportliche oder kindliche Leistung zu treffen und zu töten. Er hatte kein Empfinden und Verständnis für das Leben. Nun ist das anders und bei einer neuen Jagd, kann er nicht mehr schießen. Vermutlich geprägt dadurch, überhaupt erst im Krieg verstanden zu haben, wie wertvoll das Leben ist. Und dann scheitert er auch in anderen Bereichen der „normalen Welt“. All die lustvollen Ideen des Kapitalismus bringen keine Befriedigung, wie etwa auch eine Prostituierte und was bleibt, sind die Menschen, für die man in den Krieg zog. Doch auch sie sind nicht mehr die gleichen und die endlose Liebe, die sie – abseits der verpflichteten Familie – für ihn empfanden, war dann doch nicht so endlos. Was hier gezeigt wird, ist im Prinzip der Beginn von Taxi Driver (1976). Denn die Kriegshelden pflegen ein Dasein am Rande der Gesellschaft und es waren traumatische Erfahrungen, die sie verändert haben. Hier ist kein Glück in der Heimat, was unweigerlich die Verbindung zwischen einem Kapitalismus und dem Krieg aufruft. Völlig am Ende und bis zum Tod kehren einige wieder zum Spiel zurück und haben diesmal eben nicht mehr so viel Glück. Sie sterben für nichts, im Nichts und werden vergessen.

Man braucht ein wenig zu lang, um dahinzukommen, wo Die durch die Hölle gehen hin will. Nichtsdestotrotz ist es ein beeindruckend minimalistisch konzipierter Film. Cimino erzählt in Metaphern und versteht hier die Drei-Akt-Struktur auch genau als das, was sie eigentlich sein sollte. Dazu gesellt sich phantastisches Schauspiel und eine melancholische Atmosphäre der Sinnlosigkeit.

Die durch die Hölle gehen Bewertung
Bewertung des Films
810

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