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Daddio

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Daddio – Eine Nacht in New York Kritik

Daddio Kritik

Daddio Kritik
2 Kommentare - 01.07.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Daddio" ist.
Daddio

Bewertung: 4 / 5

Nach einem langen Flug kehrt eine junge Frau (Dakota Johnson) in New York ein. Am Flughafen nimmt sie ein Taxi und lernt den Macho Clark (Sean Penn) kennen. Die beiden beginnen langsam miteinander zu reden und aus ihrem zunächst oberflächlichem Austausch, wird ein philosophischer Diskurs.

Kammerspiele und intime Dramen gelten als bedrohte Art in Hollywood. Zu wenig lukrativ, die ganz einfache Antwort und indessen auch hin und wieder mal zu schwere Kost für den Zuschauer. Daß nicht jeder kleine Film, gleichzeitig auch ein guter Film ist, beweisen auch viele vermeintliche Arthouse-Filmchen, die einem aufs Auge drücken wollen, wie künstlerisch wertvoll sie doch sind. Daher ist vermutlich die Hit-und-Miss-Rate ähnlich gelagert, wie beim großen Blockbuster. Nun schickt sich mit Daddio – Eine Nacht in New York mal wieder ein solches Drama an. Ein minimalistisches Drama rund um eine Taxifahrt. Verhandelt werden verschiedenste Fragen, moderner Zeiten und ja, das ist nicht meisterhaft. Wie sollte es auch? Schließlich gibt es viele solcher Filme, die den Menschen ergründen und in einer postmodernen Zeit ist es ohnehin erheblich schwer geworden, irgendwas zu finden, was man nicht bereits erklärt hätte. Wieder einmal sind es psychologische Einflüsse, Figuren, die durch ihre Vergangenheit definiert werden. Und über allem thront die Vaterfrage. Ja, Väter, was sind sie nicht das Zentrum unseres Universums. Das ist pathetischer Firlefanz. Wenngleich Daddio – Eine Nacht in New York versucht, das zu dekonstruieren. Doch man darf nicht vergessen, daß jedwede Frage und Antwort zu jedweder Form von Erzeuger bereits gestellt und beantwortet wurden. Klar, das ist natürlich ein trauriger Anspruch. Aber so ist es eben.

Trailer zu Daddio

Über allem ist Daddio – Eine Nacht in New York eine sehr ungewöhnliche Unterhaltung. Das Kammerspiel im Taxi erzeugt eine ungewöhnliche Melancholie und zeichnet die große Stadt New York zum einen als freudloses Moloch, weil nichts in all diesen Lichtern steckt, als Tempo, Zeit und Kapital. Regisseurin Christy Hall versteht die Großstadt als Ort voller verlorener Träume und wenngleich das Werk dabei nicht gänzlich trostlos ist, so spürt man aus jeder Pore die Melancholie, die die Figuren ereilt. Im Prinzip geht es hier um ein Psychogramm der jungen Mittzwanzigerin, gespielt von Dakota Johnson. Immer weiter taucht der Zuschauer in ihr Leben ein, ohne jemals etwas daraus zu sehen. Und immer weiter klärt sich auch der Taxifahrer Clark. In jedweder anderen Konstellation und getragen von schlechteren Schauspielern, wäre das Experiment vermutlich nicht geglückt. Denn das, was man hier vorfindet, ist ein Mut zur Traurigkeit, den man ansonsten nur aus eher seichteren Liebesfilmen kennt. Doch Daddio – Eine Nacht in New York ist eben nicht einfach ein Liebesfilm, eigentlich hat er mit Liebe wenig zu tun. Was er vor allem ist, ist eine Abhandlung der Sehnsucht und ein Psychogramm einer jungen Frau. Dabei greift der Film Themen auf, die spätestens durch Spielbergs Beziehung zu seinem Vater im modernen Kino allgegenwärtig sind. Gleichzeitig versucht das Werk aber einen neuen Zugang zu finden. Es wirkt wie ein Zirkelschluss als dieser enttäuschten Kinder, die sich nur nach einem liebenden Vater sehnen und nach dem Film hat man den Eindruck, man bräuchte nie wieder einen Film über Väter.

Die Frage nach Vätern kommt hier unweigerlich auf, weil sich die junge Frau in einer gesellschaftlich verpönten Lage befindet. Sie ist die Mätresse eines gealterten Mannes, mit Kindern und einer Frau. Sie weiß darum und wenn sie es nicht weiß, so versteht sie es in diesem Kontext bald. Viele Nachrichten und Obszönitäten erhält die junge Frau über diese lange Fahrt und nichts davon lässt darauf schließen, daß ihre Affäre auch nur im mindesten ein Interesse daran hat, zu verstehen, wie es ihr geht. Hall greift damit einen wesentlichen Punkt moderner Datingkulturen auf. In welchen es vor allem um die oberflächliche und das Sammeln von Eroberungen geht. Wie eben bei Einsen und Nullen sind es vor allem Zahlen, die Daddio – Eine Nacht in New York in dieser Welt sieht. Und das ist richtig, authentisch und lässt die Frage aufkommen, inwieweit der Mensch noch in der Lage ist, sich auf Dinge einzulassen. Zwar nicht im Sinne eines Aufmerksamkeitsdefizits, aber sehr wohl im Sinne einer geerdeten und philosophisch anmutenden Beziehung. Gerade dazu liegen ja auch erschreckende Zahlen vor, wenn man sich mal mit dem Datingverhalten jüngerer Menschen befasst. Und dann kommt man unweigerlich an den Punkt, wo man die Frage stellen kann, ob Menschen überhaupt noch in der Lage sind, Beziehungen zu führen. Die Antwort darauf fällt auch hier sehr bitter und erkenntnisreich aus. Zumal der Film auch keinen Hehl daraus macht, daß diese Frau und Clark quasi Gegensätze sind. Er verhandelt seine Schuld und sie erklärt sich und glaubt, sie müsste sich erklären, weil ihr bewusst ist, wie zweifelhaft und brüchig ihre Liaison doch ist.

In diesem Sinne ist Daddio – Eine Nacht in New York vermutlich der traurigste Film des Jahres. Die Figuren sehnen sich nach Wahrhaftigkeit und während Clark schon längst verstanden hat, daß sein Leben so ist, wie es nun mal ist, lügt sich diese Frau noch etwas vor, weil sie weiß, daß das, was danach kommt, ihr Angst macht. Gespickt ist diese erkenntnisreiche Fahrt mit den wohl besten Dialogen, die ein Film seit langem zu bieten hat. Da liegt keine Theatralik, auch wenn es so gespielt scheint. Da sind auch keine Sätze der puren Gefühlsausbrüche. Es sind einfach zwei Menschen, die sich über das Leben in unterschiedlichen Lebenslagen unterhalten. Und dann entsteht der große Kontrast eben nicht nur aufgrund des Opfer-und-Täter-Vergleichs, sondern auch weil die Figuren aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen und einer unterschiedlichen Generation angehören. In diesem Sinne bringt Clark die Arbeiterklasse mit ein und vertritt gleichermaßen das klischierte Machotum. Währenddessen ist die junge Frau eher in gut betuchteren Kreisen unterwegs, darf aber auch nicht als reines Opfer verstanden werden, weil sie sich ja bewusst diesem Wahnsinn hingibt.

Fein gespielt und melancholisch erzählt Daddio – Eine Nacht in New York vermutlich nichts Neues. Doch die Mischung aus Sehnsucht und Erkenntnis. Aus Traurigkeit und Hoffnung und aus zwei verschiedenen Blickwinkeln macht den Film beinahe atemberaubend. Getragen wird das von zwei phantastischen Schauspielleistungen.

Daddio Bewertung
Bewertung des Films
810

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2 Kommentare
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ProfessorX : : Moviejones-Fan
01.07.2024 18:41 Uhr
0
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 953 | Reviews: 1.144 | Hüte: 43

@Raven13

Danke smile

Consider that a divorce!

MJ-Pat
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Raven13 : : Desert Ranger
01.07.2024 11:06 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.366 | Reviews: 113 | Hüte: 655

Wieder eine sehr schöne Kritik zu einem wirklich guten Film.

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

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